Je länger man sich mit Church of Anthrax von John Cale und Terry Riley beschäftigt, umso deutlicher wird der große Einfluss, den dieses Album auf die Rockmusik gehabt haben dürfte.
Gehört haben wir das bei dem dreißig Jahre später erschienenen Travelling Ants Who Got Eaten by Moskus von The Low Frequency in Stereo, unserem Album des Monats beim Vinylrausch #62. Dieses sehr unterhaltsame und abwechslungsreiche Album ist Ende Januar 2004 und damit vor fast genau 20 Jahren erschienen. Weil es mit Vinylveröffentlichungen aus den 2000er Jahren so eine Sache ist, war Travelling Ants… gesetzt, nachdem diese Post-Rock Perle nun endlich auch auf Vinyl erschienen ist.
An Church of Anthrax hat uns Lüül bei seinem Besuch zur Feier von Malesch dem Debüt von Agitation Free von 1972, erinnert. Damals hat Thomas Kessler als Leiter des Electronic Beat Studio in Berlin Wilmersdorf den erst 19-jährigen Musikern einige Notenzettel in die Hand gedrückt. Die Band ging von einer Komposition von Kessler aus und mühte sich, die dichten, rhythmusorientierten Flächen nachzuspielen. Später eröffnete ihnen Thomas Kessler, dass sie ein Transkript von Church of Anthrax in Händen hielten … . Auf Malesch sind nicht nur die stereophonen Orgeltöne wiederzufinden (deutlich im Stück Ala Tul auf Seite A), sondern auch der orientalisch anmutende Charakter von Terry Rileys Sopransaxofon klingt immer wieder durch.
Lüül im Interview beim Vinylrausch #59
Riley war ein ausgebildeter Konzertpianist, der viel in Jazzclubs gespielt hat und stark von John Coltrane beeinflusst war. Ende der 60er Jahre hat er nächtelange Konzerte gegeben, in denen minimalistische Piano- und Orgelpassagen mit Tape-Loops kombiniert wurden. Diese bewusstseinserweiternden Séancen ›from dusk till dawn‹ kann man gut und gerne als Vorläufer der ebenfalls auf rhythmische Ekstase ausgelegten Disco-, House- oder Rave-Events der 70er-, 80er- und 90er-Jahre sehen. Riley ist uns beim Vinylrausch schon oft begegnet, sei es mit der Begeisterung, die sein Debüt A Rainbow In Curved Air bei Pete Townsend hervorgerufen hat, sei es bei seiner Zusammenarbeit mit La Monte Young oder John Cale schon vor dem ersten Album von The Velvet Underground.
Unser Album des Monats mit dem kryptischen Titel Travelling Ants Who Got Eaten by Moskus ist eine faszinierende Mischung aus dem Garagenbeat der Sechzigerjahre, der spannungsgeladenen Statik langer Rhythmusflächen und psychedelischer Gitarreneuphorie. Die Stücke kommen fast ohne Gesang aus. Es sind minimalistische Rocksongs, die sich um den klassischen Wechsel von Strophe und Refrain nicht scheren. Ein wirklich vielseitiges Album, das in seiner Intensität und der Begeisterung für treibendes Grooves viel mit der von Cale und Riley eröffneten schwarzen Kirche gemeinsam hat.
Es ist tatsächlich schon fünf Jahre her, dass wir für den Vinylrausch #27 das damals brandneue Debüt der österreichischen Band Culk aufgelegt haben. Es paßte hier wieder perfekt, denn die Krautrockelemente besonders auf dem immer wieder faszinierenden Song Faust II auf der A-Seite des Albums, sind unüberhörbar. Auch hier geht es um den Groove und um das große Soundgewitter. Dabei gelingt es Culk aber, dank der faszinierenden vernuschelten Stimme der Sängerin Sophie Löw, frische und immer wieder überraschenden Songs zu schreiben. Culk bleibt eines der faszinierendsten Debüts der letzten Jahre.
Die Kirche des Vinyls ist mit dieser mitreissenden Séance für ein weiteres Jahr eröffnet worden.
Zwei Meisterwerke der Musikgeschichte in einem ausverkauften VR. Selten hat ein Vinylrausch so bewegt, wie dieser.
1965
John Coltrane - A Love Supreme
Das Meisterwerk A Love Supreme haben wir beim VR #9, dem „heiligen“ Rausch, und 60 Jahre nach seiner ersten Veröffentlichung beim VR #71 genießen können.
Es gibt nur wenige Alben, bei denen lange vorher schon sonnenklar ist, dass sie zu ihrem Jubiläum beim Vinylrausch gefeiert werden müssen. Ball Pompös ist eines davon.
1973
Atlantis – Atlantis
Atlantis klingt mit der kraftvollen Stimme von Inga Rumpf und dem breiten, im Progrock angesiedelten Genremix sehr international – beim VR #69
1974
Udo Lindenberg & das Panik-Orchester – Ball Pompös
Ball Pompös hat mit intelligenten, einfühlsamen Texten die deutsche Sprache elegant und weich in der Rockmusik etabliert. Gehört beim deutschen VR #69
1982
Foyer Des Arts – Von Bullerbü Nach Babylon
Von Bullerbü Nach Babylon steckt voller wunderbarer Wortwendungen und provokanter Alltagsbeobachtungen. Ein Perle des deutschen Art-Rock beim VR #69
Was eine Ikone der Jazzgeschichte und das beste Rockinstrumental überhaupt miteinander zu tun haben ... gehört beim VR #68!
1959
Miles Davis – Kind of Blue
Kind of Blue ist das Jazzalbum schlechthin und eines der einflussreichsten Alben überhaupt. Wir haben beim VR#68 dem Einfluss auf die Rockmusik nachgehört.
1969
Julie Driscoll, Brian Auger & The Trinity – Streetnoise
Streetnoise ist alles andere als Straßenlärm: Die erstaunliche Stimme von Julie Driscoll hat beim VR#68 den All Blues von Miles Davis gesungen
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