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‘Do the Strandsky’ beim beweglichen Vinylrausch #55
Zu Eurem Vergnügen – der Vinylrausch #55 am Donnerstag, 20.04.
Diese Alben werden wir beim beweglichen Vinylrausch #55 am Donnerstag, 20.04.23 um 19:30 Uhr hören:
21Mrz 23
Rauscharchiv

Vinylrausch #54, eine minimale Rückschau

Es ist vermutlich nicht übertrieben, zu sagen, dass der minimale Vinylrausch #54 eine maximale Herausforderung war. Zumindest das erste Album: In einer 23 Minuten anhaltenden gesanglichen Improvisation zu einem gehaltenen Sinuston hat La Monte Young uns mit einer nahezu statischen Musik konfrontiert, deren Ziel wohl eine Art meditative Fokussierung auf das eigene Ich ist. Das Schwarze Album war ein wirkliches Erlebnis, für einige Zuhörer aber auch schwer auszuhalten.

Im Sputnik-Kino beim Vinylrausch #54Dass wir es hier mit Kunst zu tun haben, hinter der ein musikalisches Konzept steckt, hat uns Sven Beckstette erläutert. Der Kurator der Ausstellung Broken Music Vol.2 hat das Programm aus Werken zusammengestellt, die in der laufenden Ausstellung im Hamburger Bahnhof präsentiert werden.
Ganz herzlichen Dank für den bereichernden und beeindruckend runden Abend!

»Was soll die Eile?«

La Monte Young hat mit seinem Ansatz der ‘langen Töne‘ und sehr langsamer Veränderungen des Klangbilds verborgene Kontinuitäten in der Musik ans Licht bringen wollen. Die langen Töne wurden zu rituellen Improvisationen verwendet und meist von einem durchgängigen Grundton, dem Drone, begleitet. Damit schließt La Monte Young auffallend deutlich an indische Ragas und Gesangstechniken an. Diese Art ‘Aneignung‘ von Traditionen aus anderen Kulturkreisen, die leicht modifiziert und mit einem technisch-theoretischen Überbau versehen in einen Kunst-Kontext integriert werden, wurde von den Zuhörern nach dem beeindruckenden Hör-Erlebnis diskutiert.
BackCover Laurie Anderson - Big Science

»Wir werden alle (r)untergehen, zusammen.«

Sehr viel leichter zugänglich war danach Laurie Andersons ‘Big Science‘, das wir als Album des Monats komplett gehört haben. Musikalisch wirkten die langen, repititiven rhythmischen Elemente und die sanften elektronischen Sounds sehr beruhigend. Wir waren als Zuhörer hier nicht mehr auf uns zurückgeworfen, sondern konnten dem langsamen Verdichten des Grooves oder dem An- und Abschwellen der elektronischen Sounds und dem Sprechgesang der immer wieder von einem Vocoder modifizierten Stimme von Laurie Anderson folgen.

Faszinierend aktuell sind auch die Texte, in denen Laurie Anderson den spätkapitalistischen Menschen als isoliert aber nicht allein charakterisiert. Wir haben uns der Big Science, der alles beherrschenden Wissenschaft, verschrieben, schaffen immer komplexere Systeme und sammeln immer größere Datenmassen, in denen wir auch heute noch vergeblich nach Erkenntnis oder gar Wahrheit suchen. Über vierzig Jahre nach dem Beginn des Computerzeitalters hat Laurie Andersons melancholischer Humor auf diesem Album bei aller Hoffnungslosigkeit etwas Tröstliches.

Überhaupt klingt das Album musikalisch und inhaltlich keinen Tag gealtert und wurde von uns mit Staunen und großem Vergnügen wiederentdeckt. Tatsächlich waren mehrere Zuhörer dankbar für diese Erinnerung an ein wirklich großes Kunstwerk: Sie haben es in ihrer Sammlung, aber zu Unrecht und zu lange ignoriert.

Black Studies

Nach der Pause hat uns Sven Beckstette in die Welt des Musikers, Produzenten und Installationskünstlers Lamin Fofana eingeführt. Sein ‘Darkwater‘ hat den Bogen dieses Abends perfekt geschlossen: elektronische Gewitter prasselten in Zeitlupe auf uns nieder, akustische Blitze peitschten durch die dunkle Sputnik-Bar, während langsam große Synthesizer-Wolken durch den Raum waberten. Eine faszinierende Tonskulptur, die uns erleichtert und versöhnt aus diesem großen Abend entlassen hat.

Danke an Sven Beckstette für die Auswahl und Einführung, an den Vinylrausch-Fan Rainer, der extra aus Frankfurt/Main angereist ist und an die Wortmeldung zu der ›dritten Dimension des Knisterns‹ beim La Monte Young Album: diese raumöffnende Ebene hat viel mit der Faszination des Vinyls als Medium zu tun.
Und zu guter Letzt geht der Dank an Carsten für seinen jahrelangen Einsatz beim Transport der Anlage und dem Aufbau für den Vinylrausch – das ist unerreicht!

03Mrz 23
News und Termine

Der minimale Vinylrausch #54 – Musik im Zeichen der Kunst

Der Vinylrausch #54 steht am 16.03.2023 im Zeichen der bildenden Kunst. Bezugspunkt ist die Ausstellung „Broken Music Vol. 2“, die noch bis zum 14. Mai im Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart in Berlin stattfindet. Ausgehend von Ursula Blocks Plattenladen „gelbe MUSIK“ widmet sich die Präsentation über dem Medium der Schallplatte dem Verhältnis von Kunst und Musik. Der Co-Kurator der Ausstellung, Sven Beckstette, wird beim Vinylrausch #54 drei Beispiele von Grenzgängerinnen zwischen diesen Sphären vorstellen.

Der US-amerikanische Komponist La Monte Young gilt als zentrale Figur der Minimal Music und Vorreiter von Noise, Drone und Ambient. In den frühen 1960er-Jahren war ein Mitglied der New Yorker Fluxus-Szene. Mitte der 1960er-Jahre gründete er mit seiner Frau Marian Zazeela das Dream House, ein Raum, in dem über mehrere Jahre Töne aus Sinuswellen in einer Installation aus Licht und Skulpturen zu hören waren. Zu seiner Gruppe Theater of Eternal Music gehörte u.a. John Cale, dessen von La Monte Young beeinflusstes Geigenspiel den Sound von Velvet Underground prägte. Zu hören ist La Monte Youngs und Marian Zazeelas erste Platte, das sogenannte Schwarze Album von 1969, dessen erste Seite in München in der Galerie von Heiner Friedrich aufgenommen wurde.

Vinylrausch #54 AnkuendigungAus dem New Yorker Avantgarde-Umfeld stammt auch Laurie Anderson. In frühen Arbeiten spielte Performance eine große Rolle. Ausgehend von ihrer Geige entwickelte sie technische Geräte und Effekte, die sie zu einer Pionierin elektronischer Musik machten. 1981 erschien ihre Single O Superman, die in England auf Platz 2 der Charts landete. Das Stück war Teil ihrer Platte Big Science, die Kritikerinnen für das beste Art-Rock-Album der 1980er-Jahre halten.

Auch Lamin Fofana erschafft immersive Räume aus Sound, Geruch und Licht. Seine Musik vertreibt Fofana auf seinem Label Black Studies. Seine Stücke elektronischer, ambienthafter Musik basieren oft auf Texten, die sich mit Schwarzer Geschichte, Identität und Realität auseinandersetzen, so auch in der vorgestellten Platte Darkwater, die sich auf das gleichnamige, autobiografische Buch von W.E.B. Du Bois bezieht.

Ihr könnte euch jetzt hier für den minimalen Vinylrausch #54 am 16.03. um 19:30 Uhr im Sputnik-Kino anmelden!

20Feb 23
Rauscharchiv

Der blaue Vinylrausch #53 – Review

Bekanntermaßen muss man ein wenig Geduld haben in Berlin, dann entwickeln sich die Dinge eines Tages doch: nach 51 Veranstaltungen war der Vinylrausch – ein »ziemlich einmaliges Format« – gleich zweimal in den Medien (RadioEins/Tagesspiegel). Das hat das Interesse erheblich angefacht, für den blauen Vinylrausch #53 sind so viele Anmeldungen eingegangen, wie noch nie. Weil die Plätze in der Sputnik-Bar begrenzt sind, konnten diesmal leider nicht alle Anmeldungen bestätigt werden. Aber der Vinylrausch kommt wieder, es gibt schon bald eine zweite Chance!

Viele neue Gesichter also, die einhellig angetan bis begeistert schienen. Das Programm bot einige Überraschungen und mit Kiryk Drewinski von der Band Wedge auch noch einen gestandenen Gitarristen und Songschreiber als Gast!

»Ich habe ein Gefühl für die Zukunft bekommen …«

Auf Truth, unserem Album des Monats beim Vinylrausch #53, hat Jeff Beck sein Gefühl für die Zukunft des englischen Bluesrocks formuliert. Er gräbt dazu tief in der Vergangenheit des Blues, bedient sich bei Klassikern von Willie Dixon und animiert Rod Stewart als Sänger zu ausdrucksstarken Improvisationen.

Das Album fällt produktionstechnisch auseinander, das war deutlich zu hören: Titel wie ‘Superstitious’ oder ‘Ol’ Man River’ mit den mächtigen, wohl von Keith Moon geschlagenen Pauken hatten eine große Bühne und klangen filigran abgemischt. Andere Stücke schienen eher unausgewogen, auch was die stereophone Mischung angeht. Wir konnten eine englische Pressung von 1968 auflegen – Dank an Frank Wonneberg! – die durch und durch ordentlich klang und in den produzierten Passagen erstaunlichen Druck auch in den Bässen aufgebaut hat. Bemerkt wurde das austarierte Verhältnis zwischen Gesang und Gitarre, die sich auf der CD-Version und unter Kopfhörern eher überlagern.

Ein vielfältiges Album mit überraschenden Song-Arrangements, einem gefühlvollen Sänger – und einem überaus einfallsreichen Gitarristen!

Eine Schlange an der Gitarre

Harvey Mandel Album Baby Butter

An Harvey Mandel schieden sich die Geister: Ein Besucher konstatierte einen Fehlgriff und hätte lieber Rory Gallagher gehört, andere hielten das Album für eine Sensation und Entdeckung. Wie immer, gilt auch hier: über Musik kann man nicht streiten …

Auf jeden Fall waren die positiv überraschten Zuhörer in der Mehrzahl. Sie haben den souligen Groove und den ungewöhnlichen Kontrast zwischen satten Streichern als Rhythmusgeber und den gefühlvollen, bluesorientierten Soli von Harvey Mandel genossen. Unser Gast Kiryk Drewinski hat darauf hingewiesen, das Jeff Beck im selben Jahr 1971 einen ähnlichen Sound gefunden hat. Besonders das zweite Stück des Albums ›Rouch and Ready‹ klingt dem Titelstück Baby Batter verblüffend ähnlich, wenn auch mit etwas mehr Funk und in anderem Tempo.

»Get your algorithm’n’blues …«

Diese Zeile aus dem Titelstück ‘Computer‘ bringt die Musik von Wedge auf den Punkt: Wedge erinnern sich an die Vergangenheit und klingen dabei nach taufrischer Gegenwart. Ihre Musik ist dynamischer, von Gitarre und Orgel angetriebener Rock in der klassischen Trio-Besetzung. Besonders die präsente Orgel in den gehörig Druck aufbauenden Songs erinnerte einige Zuhörer an Deep Purple. Jeder Kommentar in diese Richtung war aber mit dem Hinweis versehen, dass man zwar die Herkunft hört, Wedge aber alles andere als ein Imitat seien.

Im Gespräch betonte Kiryk Drewinski, dass die drei Musiker hauptsächlich Musik aus den Sechziger- und Siebzigerjahren hören würden, aus der Anfangszeit des Rock also, als sich die unterschiedlichen Genres entwickelten und ständig neue Ideen die Musikentwicklung antrieb. Drewinski stellte seine Arbeitsweise vor, während der er und die Band musikalischen Ideen und Teilstücke entwickelten, die zusammengesetzt dann viel zu der Lebendigkeit im Sound von Wedge beitragen.

Eine junge, frische Band also, die ihre Herkunft nicht verleugnet und trotzdem aktuell klingt. Für viele Zuhörer war das die nächste Überraschung, die von dem Gitarristen und Songschreiber der Band mit sympathischer Zurückhaltung präsentiert wurde.

Vielen Dank an Kiryk für das schöne Gespräch und die großartige Musik!

24Jan 23
Rauscharchiv

Ein Abend voller Kontraste – die große Review zum Vinylrausch #52

Eine perfekte Kombination: Drei ungewöhnliche, schwer zu charakterisierende Alben mit herausragendem Sound, ein volles Kino und begeisterte Zuhörer.
1963
Charles Mingus – The Black Saint And The Sinner Lady

The Black Saint And The Sinner Lady war die erste Ballett-Suite beim Vinylrausch. Mitreissend beim VR #52 in der neuen Impulse-Pressung!

1968
Van Morrisson – Astral Weeks

Astral Weeks hat uns beim VR #52 in die Gedankenwelt eines Iren hineingezogen – und war unser Album des Monats beim Vinylrausch XXI. Legendär.

2022
Black Country, New Road – Ants from Up There

Ants from Up There passte in seiner emotionalen Intensität perfekt zu dem herausfordernden Programm vom großen VR #52

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Rauscharchiv

Vinylrausch #54, eine minimale Rückschau

Es ist vermutlich nicht übertrieben, zu sagen, dass der minimale Vinylrausch #54 eine maximale Herausforderung war. Zumindest das erste Album: In einer 23 Minuten anhaltenden gesanglichen Improvisation zu einem gehaltenen Sinuston hat La Monte Young uns mit einer nahezu statischen Musik konfrontiert, deren Ziel wohl eine Art meditative Fokussierung auf das eigene Ich ist. Das Schwarze Album war ein wirkliches Erlebnis, für einige Zuhörer aber auch schwer auszuhalten.

Im Sputnik-Kino beim Vinylrausch #54Dass wir es hier mit Kunst zu tun haben, hinter der ein musikalisches Konzept steckt, hat uns Sven Beckstette erläutert. Der Kurator der Ausstellung Broken Music Vol.2 hat das Programm aus Werken zusammengestellt, die in der laufenden Ausstellung im Hamburger Bahnhof präsentiert werden.
Ganz herzlichen Dank für den bereichernden und beeindruckend runden Abend!

»Was soll die Eile?«

La Monte Young hat mit seinem Ansatz der ‘langen Töne‘ und sehr langsamer Veränderungen des Klangbilds verborgene Kontinuitäten in der Musik ans Licht bringen wollen. Die langen Töne wurden zu rituellen Improvisationen verwendet und meist von einem durchgängigen Grundton, dem Drone, begleitet. Damit schließt La Monte Young auffallend deutlich an indische Ragas und Gesangstechniken an. Diese Art ‘Aneignung‘ von Traditionen aus anderen Kulturkreisen, die leicht modifiziert und mit einem technisch-theoretischen Überbau versehen in einen Kunst-Kontext integriert werden, wurde von den Zuhörern nach dem beeindruckenden Hör-Erlebnis diskutiert.
BackCover Laurie Anderson - Big Science

»Wir werden alle (r)untergehen, zusammen.«

Sehr viel leichter zugänglich war danach Laurie Andersons ‘Big Science‘, das wir als Album des Monats komplett gehört haben. Musikalisch wirkten die langen, repititiven rhythmischen Elemente und die sanften elektronischen Sounds sehr beruhigend. Wir waren als Zuhörer hier nicht mehr auf uns zurückgeworfen, sondern konnten dem langsamen Verdichten des Grooves oder dem An- und Abschwellen der elektronischen Sounds und dem Sprechgesang der immer wieder von einem Vocoder modifizierten Stimme von Laurie Anderson folgen.

Faszinierend aktuell sind auch die Texte, in denen Laurie Anderson den spätkapitalistischen Menschen als isoliert aber nicht allein charakterisiert. Wir haben uns der Big Science, der alles beherrschenden Wissenschaft, verschrieben, schaffen immer komplexere Systeme und sammeln immer größere Datenmassen, in denen wir auch heute noch vergeblich nach Erkenntnis oder gar Wahrheit suchen. Über vierzig Jahre nach dem Beginn des Computerzeitalters hat Laurie Andersons melancholischer Humor auf diesem Album bei aller Hoffnungslosigkeit etwas Tröstliches.

Überhaupt klingt das Album musikalisch und inhaltlich keinen Tag gealtert und wurde von uns mit Staunen und großem Vergnügen wiederentdeckt. Tatsächlich waren mehrere Zuhörer dankbar für diese Erinnerung an ein wirklich großes Kunstwerk: Sie haben es in ihrer Sammlung, aber zu Unrecht und zu lange ignoriert.

Black Studies

Nach der Pause hat uns Sven Beckstette in die Welt des Musikers, Produzenten und Installationskünstlers Lamin Fofana eingeführt. Sein ‘Darkwater‘ hat den Bogen dieses Abends perfekt geschlossen: elektronische Gewitter prasselten in Zeitlupe auf uns nieder, akustische Blitze peitschten durch die dunkle Sputnik-Bar, während langsam große Synthesizer-Wolken durch den Raum waberten. Eine faszinierende Tonskulptur, die uns erleichtert und versöhnt aus diesem großen Abend entlassen hat.

Danke an Sven Beckstette für die Auswahl und Einführung, an den Vinylrausch-Fan Rainer, der extra aus Frankfurt/Main angereist ist und an die Wortmeldung zu der ›dritten Dimension des Knisterns‹ beim La Monte Young Album: diese raumöffnende Ebene hat viel mit der Faszination des Vinyls als Medium zu tun.
Und zu guter Letzt geht der Dank an Carsten für seinen jahrelangen Einsatz beim Transport der Anlage und dem Aufbau für den Vinylrausch – das ist unerreicht!

News und Termine

Der minimale Vinylrausch #54 – Musik im Zeichen der Kunst

Der Vinylrausch #54 steht am 16.03.2023 im Zeichen der bildenden Kunst. Bezugspunkt ist die Ausstellung „Broken Music Vol. 2“, die noch bis zum 14. Mai im Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart in Berlin stattfindet. Ausgehend von Ursula Blocks Plattenladen „gelbe MUSIK“ widmet sich die Präsentation über dem Medium der Schallplatte dem Verhältnis von Kunst und Musik. Der Co-Kurator der Ausstellung, Sven Beckstette, wird beim Vinylrausch #54 drei Beispiele von Grenzgängerinnen zwischen diesen Sphären vorstellen.

Der US-amerikanische Komponist La Monte Young gilt als zentrale Figur der Minimal Music und Vorreiter von Noise, Drone und Ambient. In den frühen 1960er-Jahren war ein Mitglied der New Yorker Fluxus-Szene. Mitte der 1960er-Jahre gründete er mit seiner Frau Marian Zazeela das Dream House, ein Raum, in dem über mehrere Jahre Töne aus Sinuswellen in einer Installation aus Licht und Skulpturen zu hören waren. Zu seiner Gruppe Theater of Eternal Music gehörte u.a. John Cale, dessen von La Monte Young beeinflusstes Geigenspiel den Sound von Velvet Underground prägte. Zu hören ist La Monte Youngs und Marian Zazeelas erste Platte, das sogenannte Schwarze Album von 1969, dessen erste Seite in München in der Galerie von Heiner Friedrich aufgenommen wurde.

Vinylrausch #54 AnkuendigungAus dem New Yorker Avantgarde-Umfeld stammt auch Laurie Anderson. In frühen Arbeiten spielte Performance eine große Rolle. Ausgehend von ihrer Geige entwickelte sie technische Geräte und Effekte, die sie zu einer Pionierin elektronischer Musik machten. 1981 erschien ihre Single O Superman, die in England auf Platz 2 der Charts landete. Das Stück war Teil ihrer Platte Big Science, die Kritikerinnen für das beste Art-Rock-Album der 1980er-Jahre halten.

Auch Lamin Fofana erschafft immersive Räume aus Sound, Geruch und Licht. Seine Musik vertreibt Fofana auf seinem Label Black Studies. Seine Stücke elektronischer, ambienthafter Musik basieren oft auf Texten, die sich mit Schwarzer Geschichte, Identität und Realität auseinandersetzen, so auch in der vorgestellten Platte Darkwater, die sich auf das gleichnamige, autobiografische Buch von W.E.B. Du Bois bezieht.

Ihr könnte euch jetzt hier für den minimalen Vinylrausch #54 am 16.03. um 19:30 Uhr im Sputnik-Kino anmelden!

Rauscharchiv

Der blaue Vinylrausch #53 – Review

Bekanntermaßen muss man ein wenig Geduld haben in Berlin, dann entwickeln sich die Dinge eines Tages doch: nach 51 Veranstaltungen war der Vinylrausch – ein »ziemlich einmaliges Format« – gleich zweimal in den Medien (RadioEins/Tagesspiegel). Das hat das Interesse erheblich angefacht, für den blauen Vinylrausch #53 sind so viele Anmeldungen eingegangen, wie noch nie. Weil die Plätze in der Sputnik-Bar begrenzt sind, konnten diesmal leider nicht alle Anmeldungen bestätigt werden. Aber der Vinylrausch kommt wieder, es gibt schon bald eine zweite Chance!

Viele neue Gesichter also, die einhellig angetan bis begeistert schienen. Das Programm bot einige Überraschungen und mit Kiryk Drewinski von der Band Wedge auch noch einen gestandenen Gitarristen und Songschreiber als Gast!

»Ich habe ein Gefühl für die Zukunft bekommen …«

Auf Truth, unserem Album des Monats beim Vinylrausch #53, hat Jeff Beck sein Gefühl für die Zukunft des englischen Bluesrocks formuliert. Er gräbt dazu tief in der Vergangenheit des Blues, bedient sich bei Klassikern von Willie Dixon und animiert Rod Stewart als Sänger zu ausdrucksstarken Improvisationen.

Das Album fällt produktionstechnisch auseinander, das war deutlich zu hören: Titel wie ‘Superstitious’ oder ‘Ol’ Man River’ mit den mächtigen, wohl von Keith Moon geschlagenen Pauken hatten eine große Bühne und klangen filigran abgemischt. Andere Stücke schienen eher unausgewogen, auch was die stereophone Mischung angeht. Wir konnten eine englische Pressung von 1968 auflegen – Dank an Frank Wonneberg! – die durch und durch ordentlich klang und in den produzierten Passagen erstaunlichen Druck auch in den Bässen aufgebaut hat. Bemerkt wurde das austarierte Verhältnis zwischen Gesang und Gitarre, die sich auf der CD-Version und unter Kopfhörern eher überlagern.

Ein vielfältiges Album mit überraschenden Song-Arrangements, einem gefühlvollen Sänger – und einem überaus einfallsreichen Gitarristen!

Eine Schlange an der Gitarre

Harvey Mandel Album Baby Butter

An Harvey Mandel schieden sich die Geister: Ein Besucher konstatierte einen Fehlgriff und hätte lieber Rory Gallagher gehört, andere hielten das Album für eine Sensation und Entdeckung. Wie immer, gilt auch hier: über Musik kann man nicht streiten …

Auf jeden Fall waren die positiv überraschten Zuhörer in der Mehrzahl. Sie haben den souligen Groove und den ungewöhnlichen Kontrast zwischen satten Streichern als Rhythmusgeber und den gefühlvollen, bluesorientierten Soli von Harvey Mandel genossen. Unser Gast Kiryk Drewinski hat darauf hingewiesen, das Jeff Beck im selben Jahr 1971 einen ähnlichen Sound gefunden hat. Besonders das zweite Stück des Albums ›Rouch and Ready‹ klingt dem Titelstück Baby Batter verblüffend ähnlich, wenn auch mit etwas mehr Funk und in anderem Tempo.

»Get your algorithm’n’blues …«

Diese Zeile aus dem Titelstück ‘Computer‘ bringt die Musik von Wedge auf den Punkt: Wedge erinnern sich an die Vergangenheit und klingen dabei nach taufrischer Gegenwart. Ihre Musik ist dynamischer, von Gitarre und Orgel angetriebener Rock in der klassischen Trio-Besetzung. Besonders die präsente Orgel in den gehörig Druck aufbauenden Songs erinnerte einige Zuhörer an Deep Purple. Jeder Kommentar in diese Richtung war aber mit dem Hinweis versehen, dass man zwar die Herkunft hört, Wedge aber alles andere als ein Imitat seien.

Im Gespräch betonte Kiryk Drewinski, dass die drei Musiker hauptsächlich Musik aus den Sechziger- und Siebzigerjahren hören würden, aus der Anfangszeit des Rock also, als sich die unterschiedlichen Genres entwickelten und ständig neue Ideen die Musikentwicklung antrieb. Drewinski stellte seine Arbeitsweise vor, während der er und die Band musikalischen Ideen und Teilstücke entwickelten, die zusammengesetzt dann viel zu der Lebendigkeit im Sound von Wedge beitragen.

Eine junge, frische Band also, die ihre Herkunft nicht verleugnet und trotzdem aktuell klingt. Für viele Zuhörer war das die nächste Überraschung, die von dem Gitarristen und Songschreiber der Band mit sympathischer Zurückhaltung präsentiert wurde.

Vielen Dank an Kiryk für das schöne Gespräch und die großartige Musik!

24Jan 23
Rauscharchiv

Ein Abend voller Kontraste – die große Review zum Vinylrausch #52

Eine perfekte Kombination: Drei ungewöhnliche, schwer zu charakterisierende Alben mit herausragendem Sound, ein volles Kino und begeisterte Zuhörer.
1963
Charles Mingus – The Black Saint And The Sinner Lady

The Black Saint And The Sinner Lady war die erste Ballett-Suite beim Vinylrausch. Mitreissend beim VR #52 in der neuen Impulse-Pressung!

1968
Van Morrisson – Astral Weeks

Astral Weeks hat uns beim VR #52 in die Gedankenwelt eines Iren hineingezogen – und war unser Album des Monats beim Vinylrausch XXI. Legendär.

2022
Black Country, New Road – Ants from Up There

Ants from Up There passte in seiner emotionalen Intensität perfekt zu dem herausfordernden Programm vom großen VR #52

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Im Prinzip ist das hier die perfekte Veranstaltung.
Georg nach seinem ersten Vinylrausch XV

Ich kenne das Album in- und auswendig, aber hier, und das geht mir immer so, hier beim Vinylrausch höre ich plötzlich Sachen, die ich noch nie gehört habe. Es ist faszinierend.
Thomas beim Jubiläums-Rausch #50

Kosmische Brocken

Zum 82. von Frank Zappa
Am 20.12. im Sputnik-Kino

Es war ein tolles Erlebnis, hat uns sehr gut gefallen.
Rene und Anita nach ihrem ersten Vinylrausch III

Ich will da unbedingt mal vorbeikommen!
Anja Caspary, Musik-Chefin von RadioEins, im Gespräch über den Vinylrausch.

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