Populäre Frauen fordern uns heraus – Vinylrausch #56
Einsamkeit, Sehnsucht und Selbstzweifel – beim Vinylrausch #56 leiden und feiern wir mit drei Sängerinnen, die einen weiten musikalischen Kosmos mit ebenso populären, wie herausfordernden Klängen füllen.
Björk hat vor 30 Jahren mit ihrem Album Debut (1993) eine mehr als aussergewöhnliche Karriere begonnen. Ausgefeilte, mitunter gar experimentelle, auf jeden Fall aber elektronische Pop- und Tanzmusik, die vom Jazz der Vierzigerjahre und der Clubkultur der Neunziger beeinflusst ist. Eine noch immer beeindruckende Mischung als Album des Monats beim Vinylrausch #56.
Edie Brickell war mit ihrem Hit ‘What I Am‘ vom Album Shooting Rubberbands at the Stars (1988) monatelang auf allen Radiosendern zu hören. Erstaunlich, wie gut der Song und das ganze Album die Zeit überdauert hat: intelligente Popmusik mit starken Texten einer sensiblen Sängerin.
Youn Sun Nah mischt auf Waking World (2022) Jazz, Pop und Elektro und veredelt diese spannende Melange mit einer ausdrucksstarken Stimme. Ein großartiges Album.
Drei starke Frauen also, die für herausragende Popmusik unter Jazzeinfluss stehen!
Vinylrausch #55 – Zu Eurem Vergnügen
Die Wechselbeziehungen zwischen bildender Kunst und Rockmusik sind vielgestaltig und darum bleiben wir diesem Thema mit dem Vinylrausch #55 auf der Spur, wenn auch deutlich rockiger.
Gerade erst erschienen, und doch die Grundlage zu allem: Steve Reich arbeitet mit dem Zufall, Alltagsgeräuschen, Tape-Loops und stetigen Wiederholungen. Sein Streichquartett ‘Different Trains’ ist purer Rhythmus, ein minimalistisches Meisterwerk und intensives Hörerlebnis.
Roxy Music haben mit ‘For Your Pleasure’ bereits vor 50 Jahren das 21. Jahrhundert vorweggenommen. Sie klingen wie ›futuristische Nostalgiker‹, die die Idee der Pop Art in die Musik übertragen haben. Der Stilmix reicht dabei von Tanzmusik, Hardrock und Doo Wop bis zu endlos-minimalistischen Rhythmusloops – alles ausgefeilt und überraschend.
Thurston Moore hat von Glen Branca, einem Kollegen von Steve Reich, das Experimentieren gelernt und von Neil Young die explodierenden Gitarren geborgt. Sonic Youth verbinden auf ‘Goo’ Anfang der Neunzigerjahre die Freude am Krach der No Wave mit einfachen Pop-Melodien und der Ausdauer für lange musikalische Flächen.
Der Vinylrausch #55 wird uns auf einen langen und vielgestaltigen Trip mitnehmen, auf dem wir die Freuden der Monotonie genießen können: … for your pleasure!
Der heilige Narr – der Tagesspiegel war beim Vinylrausch
Der Berliner Tagesspiegel hat in Gestalt seines Kulturredakteurs Andreas Hartmann den Vinylrausch besucht und in einem doppelseitigen Artikel on- und offline über den Vinylrausch und seine Besucher berichtet. Hartmann ist selbst Vinylfan, kann deshalb mit dem »ungewöhnlichen Format« etwas anfangen und beschreibt darum den anspruchsvollen Vinylrausch #52 in dem Artikel recht begeistert.
Was allerdings etwas merkwürdig klingt, sind die Absatzüberschriften, die sich vermutlich ein Schlussredakteur beim Gestalten der Seite ausdenken muss: ›Seit 2015 rauscht das Vinyl‹, ›Intensives Lauschen‹ oder ›Wer mehr weiß, hört mehr‹ klingen nicht nach einer wirklichen Idee vom Text.
Der Titel setzt da noch einen drauf: ›Im Vinylrausch – wenn im Kino die Rille knistert‹ wirkt im besten Falle etwas anrüchig….Den Redakteur möchte man fragen, was er da verstanden hat: geht es beim Vinylrausch um das Knistern oder die Musik?
Mich erinnert das Ganze an eine Episode aus der studentischen Jugendzeit: ein dröger Aushilfsjob im Teppichladen (nein, es war leider nicht der Ano-Teppichladen!) wurde durch die ständig wechselnden Nonsense-Werbesprüche an der Ladenfassade versüßt. Einer ist in Erinnerung geblieben: ›Täglich kommt Neues hinzu‹. Das gilt sicher auch für den Tagesspiegel.