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Der ultimative Rausch – Review VR #71

An dem 60. Jahrestag des Erscheinens von A Love Supreme kamen wir nicht vorbei – und das war eine glückliche Entscheidung. Selten hat ein musikalischer Abend so bewegt wie dieser. Zwei unbedingte Meisterwerke in klanglich herausragender Weise, laut, gemeinsam begeistert und konzentriert hören zu können, ist etwas ganz Besonderes. 

Kein Wunder, dass es bei diesem Programm weit über einhundert Interessenten für den Vinylrausch #71 gegeben hat. Die Sputnik-Bar war dementsprechend voll besetzt, und obwohl die drei gehörten Alben im VINYLRAUSCH MUSIKMAGAZIN #2 ausführlich analysiert und besprochen wurden, gab es natürlich auch dieses Mal vorher die obligatorischen Einführungen. 

Ein universelles Meisterwerk

A Love Supreme gehört neben Kind of Blue und The Black Saint and The Sinner Lady in die Reihe der drei beeindruckendsten und einflussreichsten Jazzalben überhaupt. Es gibt wenige Musiker, die mit ähnlicher Hingabe, Begeisterung und Intensität nach ihrer Musik, ihrem individuellen Ausdruck gesucht haben wie John Coltrane – und Jimi Hendrix. 

Im Werk von Coltrane ist A Love Supreme eine Art Gipfel und Wendepunkt. Er erkennt in der vierteiligen Suite die Gnade der Kreativität an (I), entschließt sich, sie als göttliches Prinzip zu akzeptieren (II), begibt sich auf die Suche nach einem Ausdruck für diese Inspiration (III) und lobt schließlich das Prinzip der Kreativität mit der Übersetzung seines, auf dem Cover abgedruckten Gebets in das Spiel des Saxofons (IV).

Eine ausführliche Analyse dieses herausragenden Albums gibt es hier.

Gehört haben wir die sehr durchsichtig klingende Pressung aus der Acoustic Sounds Series von 2021. 

Keine Waffen, keine Bomben

“Keine Waffen, keine Bomben …”

Auch Jimi Hendrix begibt sich in seinen Soli auf der elektrischen Gitarre in unerforschte Räume. Wie kaum ein anderer Gitarrist, hat sich Hendrix in sein Spiel versenken, bis zur Ekstase improvisieren können und dabei trotzdem sein Thema nicht aus den Augen verloren. 

Die auf Band of Gypsys veröffentlichte Version von Machine Gun ist ein monumentales, vielschichtiges Meisterwerk. Wie Coltrane bricht Hendrix traditionelle (Blues-)Akkorde auf und benutzt menschliche Äußerungen und Alltagsgeräusche in seinem Spiel. Dramatisch und leider sehr aktuell waberten Hubschraubergeräusche und Maschinengewehrsalven durch die Sputnik-Bar. 

Nach Machine Gun blieb es dann auch auffallend ruhig in der Bar, Hendrix lässt wenig Fragen offen. Hier war es eine alltägliche Karussell-Pressung aus den Siebzigern, mit, für die Live-Aufnahme, umwerfendem Sound. Es müssen nicht immer 180gr. sein … 

Die Ankunft in New Orleans

Eric Burdon half uns dann mit dem groovigen The Vision of Rassan aus dem beklemmenden Schweigen nach der emotionalen Achterbahnfahrt von Machine Gun. Burdon feiert die Ankunft (Rassan) des Jazz in New Orleans, indem er die afroamerikanischen Wurzeln von Blues und Jazz würdigt. 

Während das Frontcover von Eric Burdon declares ’War’ in Anlehnung an das Peace-Zeichen der Hippie-Bewegung aus drei Fingern ein W für War/Krieg formt, macht die Rückseite klar, dass dieser Krieg nur Gutes im Sinn hat: er kämpft für das Recht, einander zu lieben. Ein fragwürdig-provokantes Wortspiel, das aber von der Ernsthaftigkeit und Dramatik der in Tobacco Roads entwickelten Geschichte von Opferung und Wiederauferstehung zurechtgerückt wird. 

Wieder, wie schon beim Vinylrausch #9, hat es dieser intensive Song geschafft, uns aus einem dramatischen Abend vielfach begeistert und voller Musik zu entlassen. 

Vinylrausch #71
1. Eric Burdon declares ‘War’ (1970)
2. Jimi Hendrix – Band of Gypsys (1970)
3. John Coltrane – A Love Supreme (1965)
4. Der ultimative Rausch – Review VR #71

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