Nicht nur ein legendäres, sondern das vermutlich berühmteste und einflussreichste Jazz-Album überhaupt. Es ist eine Wegmarke für die Entwicklung der Jazzmusik in den Sechzigerjahren.
Charles Mingus – The Black Saint And The Sinner Lady (1963)
Seite A
Track A – Solo Dancer
Stop! Look! And Listen, Sinner Jim Whitney!
Track B – Duet Solo Dancers
Heart’s Beat and Shades In Physical Embraces
Track C – Group Dancers
(Soul Fusion) Freewoman and Oh, This Freedom’s Slave Cries
Seite B
Mode D – Trio And Group Dancers
Stop! Look! And Sing Songs of Revolutions!
Mode E – Single Solos And Group Dance
Saint And Sinner Join Merriment on Battle Front
Mode F – Groups And Solo Dance
Of Love, Pain and Passioned Revolt, then Farewell, My Beloved, ’til It’s Freedom Day
Wenn man Lester Bangs glauben darf, wird man nach dem hören von ‘The Black Saint And The Sinner Lady‘ nicht mehr der- oder dieselbe sein … Nur wenige Alben können einen nach Bangs Meinung so erschüttern, wie dieses Meisterwerk!
Nachdem Charles Mingus mit dem (über-)ambitionierten Projekt Epithaph gescheitert war, ging er 1963 mit einer kleineren Besetzung ins Studio. Diesmal war die Komposition rechtzeitig fertig und der geniale Bassist hat für jedes Instrument Noten vorlegen können – selbst ein freistehendes flamencoartiges Solo des Gitarristen Jay Berliner ist von Mingus vorher komplett notiert worden.
Die elfköpfige Bigband spielt große, aufbrausenden Musik, die niemanden kalt läßt. Es ist eine Suite mit vier Teilen, die wie Filmmusik klingt, aber so kraftvoll und einnehmend ist, dass daneben keine fremden Bilder bestehen könnten. Der Film zu dieser Musik ensteht im eigenen Kopf.
Was auch immer man darin hören mag – die enervierende Intensität der Großstadt, Mingus Kampf mit seinem aufbrausenden Ego1 oder den Weg schwarzer Sklaven in die Freiheit – diese Platte reißt einen mit ihrem dichten, von virtuosen Blechbläsern dominierten Sound von Anfang an mit. Herausragend sind vor allem die gefühlvollen Alt-Saxophon Soli von Charlie Mariano, die von den sechs weiteren Saxophon, Tuba, Trompete und Flöte spielenden Kollegen gekonnt aufgefangen werden. Jay Berliner, der uns auf Astral Weeks wiederbegegnen wird, setzt mit seinem Spiel wichtige Akzente und Mingus überrascht auf dem dritten Stück der A-Seite mit seinem zurückhaltend-komplexen Pianospiel.
‘The Black Saint And The Sinner Lady‘ ist ein echtes Erlebnis, dass wir zum 60. Jubiläum in der wunderbar rund klingenden Impulse-Pressung von 2021 gehört haben.
- Mingus war ein schwieriger, aufbrausender Charakter. Im Jahr zuvor hatte er einem Saxophonspieler aus seiner Band bei einem Disput die Frontzähne ausgeschlagen, war dafür verurteilt worden und in psychatrischer Behandlung. Sein Psychater schreibt in den Liner-Notes, Mingus sei ein schwarzer Heiliger, der genauso unter seinen Sünden leidet wie unter denen der Menschheit… ↩︎
2. Charles Mingus – The Black Saint And The Sinner Lady (1963)
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