Man könnte sich schon fragen, ob wir klassische, weit verbreitete und bekannte Alben wirklich auch noch beim Vinylrausch auflegen sollten, oder ob man sich das nicht eher zugunsten unbekannter Entdeckungen ersparen kann. Kann man nicht!
Der haarige Rausch #39 war der eindrucksvolle Beleg für die besonderen Erfahrungen, die wir beim Vinylrausch immer wieder machen: konzentriert, mit mehreren Leuten und in einem dunklen Raum hört man Dinge, die einem in allen anderen Hörsituationen offensichtlich entgangen sind. Weiß die Hölle, warum das so ist …
Es könnte etwas mit der Lautstärke zu tun haben: Ein Album gewissermaßen als Konzert zu hören, öffnet die Ohren für filigrane Details, für die Geräusche eines auf einer Gitarrensaite zurückrutschenden Fingers, für die Tiefe des Halls auf einer Gesangsstimme oder den im Hintergrund nervös pochenden Bass. Als Zuhörer ist man einfach voll da, taucht in die Musik und hat nichts anderes zu tun, als eben zuzuhören.
Das haben wir beim Vinylrausch #39 besonders bei ‘Déjà Vu’ von Crosby, Stills, Nash & Young getan. Die Songs kennt jeder, wir haben sie tausendmal gehört in allen möglichen Fassungen, Live, als Cover-Version, zu zweit, zu dritt gespielt – es sind verdammt gute Songs, die wir an diesem Abend in ihrer Originalfassung genießen durften.
Tatsächlich hat ‘Déjà vu’ beim Vinylrausch brillante Arrangements und eine wunderbar filigrane Mischung offenbaren können. Es war schon ein begnadetes Quartett von Songschreibern, die sich auf diesem Album gegenseitig kontrolliert und kreativ angespornt haben. Auch wenn Neil Young von dem Perfektionsdrang seiner Kollegen immer wieder genervt war – allen voran der kaum zufrieden zustellende Stephen Stills – die Dramaturgie der Stücke, die Arrangements und die Mischung ist beeindruckend perfekt.
Wir sind in eine musikalische Blase eingetaucht und konnten beim Vinylrausch diese fantastische Musik geradezu mit Händen greifen. Michael, der uns die Classic Records-Pressung mitgebracht hat, war von dem räumlichen Klang beeindruckt: »Die Bühne ging weit über das übliche Dreieck hinaus. Es war schon fast 3D.« Ingo, Vinylrausch-Fan der ersten Stunde, beschreibt das in seinem Kommentar zu diesem Rausch so: » … ein Hörgenuss allererster Sahne, ein Klangerlebnis und eine ‘Neu’entdeckung eines (mich) über die 47 Jahre begleitenden Meisterwerkes«. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Danke an Lutz und Michael, die uns zwei hervorragende Pressungen – die gerade erst zum 50. Jubiläum des Albums bei Rhino Records erschienene Fassung und eine vom Half-Speed Master gezogene Classic Records von 2003 mitgebracht haben!
Dieser musikalische Kokon wurde von Isreal Nash mit seinem melodischen Country-Rock auf ‘Silver Season’ weitergesponnen. Erstaunlich kraftvolle Songs von einer Band, die die Steelgitarre zum Weinen bringen kann. Der Sound des 2015 erschienenen Albums war dem Vorgänger ebenbürtig, vielleicht sogar noch etwas durchsichtiger und ausgewogener, besonders in den Höhen.
Eingeleitet hatte den Abend eine Erstpressung(Cover) bzw. Zweitpressung(Vinyl) von Rare Earths ‘Ecology’: mitreissend rockiger Soul oder feinster souliger Rock, wie auch immer man diese von Motown herausgegebene Mischung nennen soll. Die drei groovenden Titel der A-Seite klangen nach einer jahrelang eingespielten Jam-Band, die die feinen Norman-Whitfield Arrangements mit großer Sicherheit und einem perfekten Gefühl fürs Timing auf den Punkt gebracht haben.
Was wir noch nicht klären konnten, ist der Titel des Albums: falls jemand sagen kann, warum es Ecology genannt wurde, wir würden uns über einen Hinweis in den Kommentaren freuen!
Ein wirklich schöner Abend, nach der langen Zeit ohne analogen Vinylrausch für die anwesenden Musikfans ein erleichterndes Erlebnis.
Ein kleines, aber sehr begeistertes Publikum hat bei diesem, spirituelle Heilung versprechenden Vinylrausch #45 die musikalische Medizin vollständig eingenommen und ohne Nebenwirkungen gut vertragen!
1997
Spiritualized – Ladies And Gentlemen We Are Floating In Space
Beim schwarzen Vinylrausch #44 haben wir den 'War Pigs' ins Auge geschaut und uns kurz nach Beginn des Ukraine-Kriegs an der Teufelsaustreibung versucht.
1968
Iron Butterfly – In-A-Gadda-Da-Vida
In-A-Gadda-Da-Vida hat beim VR #44 die psychedelische Grundlagen für die Geburt des Heavy Metal gelegt.
1970
Black Sabbath – Paranoid
‘Paranoid‘ hat Heavy Metal begründet und Position gegen den Krieg bezogen, beim schwarzen VR #44
Es sollte beim grauen Rausch um progressive Popmusik gehen und diese scheint dann interessant zu werden, wenn die Texte mit viel englischem Humor angereichert sind.
The Original Soundtrack unserer Jugend: ‘I‘m Not In Love‘ klang mit seinem bomastischer Kitsch aus jedem Radio. VR #43
2020
Jerskin Fendrix – Winterreise
Die Winterreise ist eine wilde Collage, ein würdiges Nachspiel zu Zappas ‘Money’ beim VR #40 und ein herrliches Beispiel für moderne Pop-Songs beim VR #43
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