Nach einem furiosen Finale in der bebenden Sputnik-Bar ist der Vinylrausch nun in die Sommerpause!
Es war tatsächlich ein ganz besonderes Sounderlebnis, dass wir beim rebellischen Vinylrausch #66 im Sputnik-Kino in Berlin erleben durften. Weil Natty Dread von Bob Marley & The Wailers vor 50 Jahren erschienen ist, stand endlich Reggae bei uns auf dem Programm. Viele kennen das Album, es steckt voller Hits und es wird niemanden da draußen geben, der nicht zumindest einen Song von Natty Dread schon mal gehört hat.
Es ist ein Album und eine Musik, die man immer wieder auflegen kann und entsprechend sehen die 50 Jahre alten Platten dann auch aus: Es knarzt und knistert in der Regel ganz schön. Mitunter werden aber die regelmäßigen Besuche in Plattenläden belohnt und so konnte ich Anfang des Jahres aus Göttingen eine nahezu ungespielte deutsche Pressung dieses Albums aus den Siebzigern mitbringen.
Der Sound war auf der Vinylrausch-Anlage wirklich beeindruckend: klar und durchsichtig, mit großer Bühne und einem satten Bassfundament – da müssen wir uns noch einmal bei Ortofon bedanken, die uns für den Vinylrausch das 2M Black LVB 250 zur Verfügung gestellt haben, ganz groß!
Natty Dread hat viel Spaß gemacht und auch wenn man das Prinzip der Songs und den rumpelnden Reggae-Rhythmus recht schnell verstanden hat, schafft es jedes Stück den Zuhörer mit wenigen Klängen in den immer wieder fein variierten Rhythmus hineinzuziehen. Ein all time favorite ohne einen schwachen Song!
Vielfältig wurde es bei dem zweiten Album: London Calling von The Clash springt von einem Genre zum nächsten. Ska, Reggae, Retro- und Garage Rock, Barrelhouse Jazz und purer Rock’n’Roll – das Album hat sich auch beim Vinylrausch – wie erwartet – als ein echtes Schwergewicht erwiesen! Abwechslungsreiche Songs mit packenden Texten, die kämpferisch von Aufbruch und Veränderungen künden.
Ben Harper war dann mit einer ebenso vielseitigen Platte der kraftvolle Abschluss des Abends. Sein 2003 nur auf CD erschienenes Album Diamonds On the Inside klingt als Vinylpressung tatsächlich runder und räumlicher – und steckt voller mitreissender Songs!
Erstaunliche viele Zuhörer haben bei diesem schwergewichtigen Vinylrausch die ungewöhnliche Länge mit drei doppelten Vinyl-Alben durchgehalten. Gut, dass wir dafür den längsten Tag des Jahres zur Verfügung hatten …
Weltschmerz bei Ambros, ekstatische Lebensfreude bei Bilderbuch und melancholische Verzweiflung bei Culk.
1975
Wolfgang Ambros – Es lebe der Zentralfriedhof
Es lebe der Zentralfriedhof hat den VR #74 mit einer überraschenden Mischung aus Folk-Rock, orchestralem Pop, Walzerzitaten und melancholisch-lebensfrohen Texten eröffnet.
2015
Bilderbuch – Schick Schock
Schick Schock hat uns beim recht düsteren VR #74 mit einer herzerfrischend lässigen Mischung aus Elektrofunk, Hip-Hop und harten Rockriffs und vielen brillanten musikalischen Ideen überzeugt.
2023
Culk – Generation Maximum
Generation Maximum hat beim VR #74 für Diskussionen gesorgt. Eine schonungslose, ernst und düster scheinende Selbstbetrachtung der Generation Z voller brodelnder Energie.
Ein intensiver Vinylrausch mit männlichen Blicken aus weiblicher Perspektive und rumpelnden Klängen von zwei eigenwilligen Stimmen.
1975
Joni Mitchell – The Hissing of Summer Lawns
The Hissing of Summer Lawns ist ein reiches Werk, das uns beim intensiven VR #73 mit dem männlichen Blick auf Frauen in den Siebzigern konfrontiert hat.
Rain Dogs ist voller dichter Songs über Aussenseiter und verlorene Seelen – beim VR #73 haben wir das längste und eines der vielseitigsten Alben gehört.
Ein Rausch, in den wir uns hineinfallen lassen konnten: über dreißig Jahre Musikgeschichte, von Rhythmusschleifen getragen ...
1972
Can – Ege Bamyasi
Auf Ege Bamyasi haben Can zu ihrem Sound gefunden: lange, repetitive Improvisationen auf Seite A, Hits und herausfordernde Experimente auf der B Seite. Gehört beim puren VR #72
1985
The Fall – This Nation’s Saving Grace
This Nation’s Saving Grace steckt voller Überraschungen und ist gleichzeitig von ständig wiederholten Rhythmus-Patterns geprägt. Ein kraftvolles Erlebnis beim VR #72
2005
Tocotronic – Pure Vernunft darf niemals siegen
Pure Vernunft darf niemals siegen hat mit lakonischen Texten und der hypnotischen Qualität zweier verzerrte Gitarren endlich die Hamburger Schule zum VR #72 gebracht.
Comments (0)