Ein kleines, aber sehr begeistertes Publikum hat bei diesem, spirituelle Heilung versprechenden Vinylrausch #45 die musikalische Medizin vollständig eingenommen und ohne Nebenwirkungen gut vertragen! Gegen die von mir aus Vorsicht geplante Reduktion der Dosis auf ein Dreiviertel, also drei der vier Plattenseiten, wurde von den Probanden Widerspruch eingelegt und so haben wir die ganze, 70 Minuten lange Medizin am Stück genießen können. Danke Lutz!
Die von Jason Pierce als Mastermind von Spiritualized angemischte Droge komplett und laut, sogar immer lauter hören zu können, war ein wirkliches Erlebnis. ‘Ladies And Gentlemen We Are Floating In Space‘ mischt einfache Pop-Melodien mit aufbrausenden Chören und dichten Gitarrenfeedbacks. Die Musik schlägt, wie eine langsam sich aufstauende Welle aus leisen Tönen und schwelgerischen Passagen, auf ihren Höhepunkten immer wieder in großformatige Gitarrenexzesse um. Als Zuhörer lässt man sich von dieser spiritualisierten Welle gerne tragen und auch durchschütteln. Der aufbrausende Krach hilft dabei, den Knoten im Kopf zu lösen, der von den ebenso ehrlichen wie traurigen Geschichten von Trennung und Abhängigkeit geknüpft wird.
Jason Pierce verarbeitet auf diesem Album eine schmerzliche Trennung. Er erzählt vom Alleinsein und von heftigen Drogenerfahrungen, mit denen er sich vom Schmerz zu kurieren versucht. Spekuliert wird seit jeher, dass es sich bei der Angebeteten um Kate Radley handelt, die auf diesem Album zwar noch in der Band war, aber bereits zwei Jahre zuvor Richard Ashcroft von The Verve geheiratet hatte. Damals war diese Verbindung lange geheim gehalten worden, wird aber Jason Pierce nicht entgangen sein. Die Erinnerung an das Verlassenwerden scheint er über mehr als zwei Jahre konserviert zu haben. Bei der Produktion von ‘Ladies and Gentleman …‘ hatte er dann genug Abstand zu seinem persönlichen Drama, um die Idee der musikalischen Tablette gegen Liebeskummer konsequent in der Verpackung der LP und CD, der Pressearbeit und dem Marketing umzusetzen.
Musikalisch war die Medizin für uns Zuhörer beim Vinylrausch perfekt ausgewogen und wir konnten nach der 70 Minuten-Dosis gegen Herzleid wieder kräftig durchatmen.
Muriel Grossmann hat uns mit ihrer fantastischen Band dann mit Golden Rule wieder ins Hier- und Jetzt zurückgeholt. Ohne Schnörkel und Inszenierung durften wir eine ähnliche dichte und treibende Musik genießen, die jetzt aber handgemacht war und in der Improvisation zwischen vier im Moment verankerten Musikern entstanden ist.
Alles in allem war es ein reinigender und inspirierender Rausch – mit unmittelbar positiver Wirkung.
Ein großer Abend rund um eine Legende und seine Jünger: Neil Youngs Jubiläum ‘Harvest‘ war der Ausgangspunkt, zwei Musiker und Fans durften die Kontraste setzen.
1972
Neil Young – Harvest
Harvest haben wir zum 50.Jubiläum beim VR#51 gehört. Zu Recht ein hochgelobtes, tolles Album!
1997
Radiohead – OK Computer
OK Computer verwirrte und begeisterte uns mit wütenden Soundexperimenten beim VR#51
2022
Jack White – Fear Of The Dawn
Fear Of The Dawn war ein lautes, abwechslungsreiches und uns begeisterndes Feuerwerk an Ideen beim VR#51
Der Vinylrausch ist 50 geworden, wer hätte das gedacht! Wir haben gebührend gefeiert: mit einem filigranen Jazz-Rock/Fusion-Album und einem wunderbaren Gast, der sein eigenes Debütalbum mitgebracht hat.
1970
Santana – Abraxas
Abraxas verband zum ersten Mal afro-kubanische Conga-Rhythmen mit gefühlvollen Gitarrenriffs und treibendem Rockschlagzeug. Packender Sound beim VR#50.
1972
Chick Corea – Return to Forever
Return to Forever hat uns mit seinem umwerfenden Sound und den luftigen und doch komplexen Kompositionen beim VR #50 beeindruckt.
2019
Àbáse – Invocation
Invocation verbindet jungen, frischen Fusion-Jazz mit afrikanischen und afro-brasilianischen Rhythmen: The Future inside the past beim VR#50.
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