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Der Watchtower-Rausch (Review)

Der Vinylrausch XVII kam perfekt auf den Punkt: am 27.12.67 hat Columbia das Bob Dylan Album John Wesley Harding mit dem von uns gefeierten All Along the Watchtower herausgebracht und am 21.01.68 beginnt Jimi Hendrix in einem Londoner Studio schon damit, seine kongeniale Coverversion dieses Songs aufzunehmen.

Unser Rausch fand 50 Jahre später also genau zwischen diesen beiden Ereignissen statt – eine würdige Reminiszenz an einen der ganz großen Songs der Rockgeschichte.

John Wesley Harding war eine große Überraschung, ein neuer musikalischer Umschwung Dylans, mit dem niemand gerechnet hat: vom elektrifizierten Folk-Rocker ist Dylan auf diesem Album zum Country-Barden geworden. Nach einem Motorradunfall Mitte 1966 hatte sich Dylan aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und wollte sein Leben und sein Songwriting neu erfinden. Es wird acht Jahre dauern, bis er wieder mit einer Band auf Tour geht.

Die Songs auf JWH basieren dann auch auf Gedichten, haben also keine Refrains, sondern nur Verse, die konzentriert und verdichtet Bilder und kurze Geschichten entwickeln und dabei meist auf historischen Ereignissen oder Bibelstellen basieren. Dylan wollte den ganzen Wort-Ballast der Beatnik-Lyrics hinter sich lassen, es sollte keine füllenden Zeilen mehr geben, die nur dem Rhythmus des Songs folgen, sondern jeder Satz sollte nun Bedeutung haben.

Bei All Along the Watchtower ist ihm das in den drei kurzen Versen auf großartige Weise gelungen: das dramatisch aufgebaute Gedicht erzählt in einer verstörenden Szene eine offene, in die Zukunft weisende Geschichte, in der sich zwei Hauptfiguren fundamentale Fragen stellen, die für jeden Zuhörer Bedeutung haben und deren Gehalt auch ohne Wissen um den alttestamentarischen Bezug als Gleichnis verstanden werden kann.

Eine ausführliche Analyse des Songs mit seinen Bezügen nicht nur zu biblischen Motiven wird es im VINYLRAUSCH MUSIKMAGAZIN geben!

Hendrix entdeckt die ganze Kraft von All Along The Watchtower

Jimi Hendrix hat besonders Dylans Lyrics geschätzt und offenbar sehr schnell das Potential dieses Songs erkannt – und ihn zumindest musikalisch erst richtig zum Leben erweckt. Sein Arrangement betont schon mit den ersten Takten, besonders mit den Auslassungen, den kurzen Taktpausen innerhalb des Intros, die unheimliche und vorantreibende Atmosphäre des Songs. Seine Gitarre macht sich auf die Suche und wird erst im letzten Solo den gesuchten Ton finden und dann immer wieder spielen – ein ebenso zwingendes wie offenes Ende für diesen packenden Song.

Übrigens hat Dylan live immer das Hendrix-Arrangement gespielt und das auch als Reminiszenz an seinen herausragenden Interpreten verstanden.

Ich habe die Platte sicher tausend Mal aufgelegt, aber hier habe ich Dinge gehört, die ich noch nie zuvor gehört habe…
Besucherin, die zum ersten Mal beim Vinylrausch war…

Weil bei den Electric Ladyland-Sessions auch Steve Winwood anwesend war und auf Voodoo Chile ein wunderbares Orgel-Solo von ihm zu hören ist – als Frage und Antwort-Spiel mit Hendrix´ Gitarre – haben wir nach diesen beiden Highlights noch eine Seite von Traffics On The Road aufgelegt.

Steve Winwood unterwegs mit der Backing-Band des Southern Rock

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Traffic – On The Road Inlay 2

Die wiedervereinten Traffic-Kollegen Winwood, Capaldi und Wood haben ihre Live-Band 1973 durch einige Studiomusiker aus den Muscle Shoals Studios in Alabama ergänzt. Winwood nannte den Jam-Rock mit souligen und jazzigen Elementen Headless Horseman Music – die Kopflosigkeit klingt auf dieser kraftvollen Liveplatte manchmal durch und man hat das Gefühl, das die disziplinierten Südstaaten-Studiomusiker von dieser Art freien Jams so beeindruckt waren, das sie die Handbremse nicht völlig lösen konnten…

Vinylrausch #17
1. Der Watchtower-Rausch
2. Traffic – On The Road (1973)
3. Bob Dylan – John Wesley Harding (1968)
4. Jimi Hendrix – Electric Ladyland (1968)
5. Der Watchtower-Rausch (Review)

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